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Pharmakovigilanz: Nebenwirkungen im Blick haben

Weil die meisten Menschen im Laufe ihres Lebens Medikamente einnehmen müssen, kommen sie früher oder später mit der Pharmakovigilanz, auch Arzneimittelsicherheit genannt, in Berührung. Seit der COVID-19-Pandemie ist dieses Thema einmal mehr in den gesellschaftlichen Fokus gerückt – vor allem im Hinblick auf das Sicherheitsprofil der Impfstoffe. Auch in der Behandlung von MS-Patient*innen spielt Pharmakovigilanz eine wichtige Rolle. Wir fassen die relevanten Informationen für Sie zusammen und Sie erfahren, wie Sie bei der Meldung einer Nebenwirkung vorgehen.

Was ist Pharmakovigilanz?

Die World Health Organization (WHO) definiert Pharmakovigilanz als Maßnahmen, die sich mit der Aufdeckung, Bewertung, dem Verständnis und der Vermeidung von Nebenwirkungen oder von anderen Arzneimittel-bezogenen Problemen befassen1,2. Damit ein Arzneimittel überhaupt zugelassen wird, muss es in seinem vorgesehenen Anwendungsgebiet ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis haben3. Da jedoch auch nach der Markteinführung weitere, seltenere Nebenwirkungen und Arzneimittelrisiken auftreten können, wird das Arzneimittel nach Zulassung weiter überwacht3,4. Nebenwirkungen werden durch Behörden und Zulassungsinhaber systematisch erfasst und bewertet, um die Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten und ggf. Risiken zu minimieren3,4. In Deutschland sind als Bundesoberbehörden das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) dafür zuständig5.

Welchen Stellenwert hat die Pharmakovigilanz in der MS-Therapie?

Auch bei MS-Patienten ist die Arzneimittelsicherheit, bedingt durch die potentiellen Nebenwirkungen der eingesetzten Medikamente, ein zentrales Thema. In der MS-Therapie haben unter anderem die Biologika, die gezielt in das Immungeschehen eingreifen, neue Behandlungsoptionen eröffnet6. Um die Sicherheit der MS-Medikamente, insbesondere der neuen Substanzklasse der Biologika, zu überwachen und zu verbessern, wurde mit REGIMS ein bundesweites Immuntherapieregister entwickelt6,7. Dort werden die Nebenwirkungen von bestehenden und neuen Immuntherapien systematisch dokumentiert6.

Wie erfolgt die Meldung einer Nebenwirkung?

Beim Auftreten von Nebenwirkungen, auch unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) genannt, sind die Angehörigen der Heilberufe zur Meldung verpflichtet8. Dabei soll die Meldung durch die Ärzte, Zahnärzte und Apotheker an die Arzneimittelkommission der jeweiligen Standesorganisationen (z. B. für Ärzte: Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft) erfolgen8. Es können beispielweise aber auch Gesundheits- und Krankenpfleger, die Patienten betreuen9, Meldungen vornehmen. Ebenso haben Patienten oder deren Angehörige diese Möglichkeit10. BfArM und PEI stellen hierzu Online-Formulare zur Verfügung4. Für die Meldung von unter Biogen-Medikation aufgetretenen Nebenwirkungen können hier Meldeformulare runtergeladen werden.

Grundsätzlich reicht der Verdacht aus, dass es sich bei der Reaktion auf ein Arzneimittel um eine Nebenwirkung handeln könnte, d. h. ein kausaler Zusammenhang muss nicht gesichert sein11. Zur Diagnose und Therapie der Symptome oder Beschwerden sollte, falls nicht schon erfolgt, unverzüglich ein Arzt kontaktiert werden9.

Die vier wichtigsten Angaben, welche die Meldung einer Nebenwirkung beinhalten sollte, werden als Minimalkriterien bezeichnet (siehe Abbildung)12.

minimalkriterien-verdachtsfall-arzneimittelnebenwirkung.jpg

Abbildung: Minimalkriterien für den Verdachtsfall einer Arzneimittelnebenwirkung:12

Referenzen:
  1. https://www.who.int/teams/regulation-prequalification/regulation-and-safety/pharmacovigilance (abgerufen am 11.10.2023)
  2. https://www.pei.de/DE/arzneimittelsicherheit/pharmakovigilanz/pharmakovigilanz-node.html (abgerufen am 11.10.2023)
  3. https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Arzneimittel/Pharmakovigilanz/Bulletin2-2020_Artikel-Risikomanagementplan.pdf?__blob=publicationFile (abgerufen am 11.10.2023)
  4. https://www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Pharmakovigilanz/_artikel.html (abgerufen am 11.10.2023)
  5. https://nebenwirkungen.bund.de/nw/DE/home/weitere-informationen-inhalt.html;jsessionid=34518EA2D322F7AFEF2F1E15BC063615.intranet182?nn=207148 (abgerufen am 11.10.2023)  
  6. https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/regims-register-erhoht-therapiesicherheit-bei-multipler-sklerose-13031.php (abgerufen am 11.10.2023)
  7. https://www.medizin.uni-muenster.de/fakultaet/news/multiple-sklerose-neues-immuntherapie-register-regims-mit-leitung-in-muenster-soll-patientenversorgung-optimieren.html (abgerufen am 11.10.2023)  
  8. https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/newsroom/bulletin-arzneimittelsicherheit/2021/3-2021.pdf?__blob=publicationFile&v=5 (abgerufen am 11.10.2023)
  9. https://nebenwirkungen.bund.de/nw/DE/home/home_node.html (abgerufen am 11.10.2023)  
  10. https://www.pei.de/DE/arzneimittelsicherheit/pharmakovigilanz/meldeformulare-online-meldung/nebenwirkungsmeldung-verbraucher-inhalt.html (abgerufen am 11.10.2023)
  11. https://www.akdae.de/Arzneimitteltherapie/LF/PDF/Nebenwirkungen_melden.pdf (abgerufen am 11.10.2023)     
  12. https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Arzneimittel/Pharmakovigilanz/spontanberichte-bekanntmachung.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (abgerufen am 11.10.2023)
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